Gegen jede Geglaubtheit: Tagebuch 2020

Vorbemerkung: Mit dem Ausbruch von Corona wurde die 23jährige Maren Lassander erstmals mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert. Was, wenn sie zu den Opfern der Pandemie, zählen würde? Welchen Sinn und Zweck hätte ihr Leben gehabt? Und wie wahrscheinlich war es nach dem Tod in Gott einzugehen, wenn sich die Anzeichen häufen, dass die Menschheit sich selbst überlassen ist?
In ihren Tagebüchern nimmt die bekennende Atheistin kein Blatt vor den Mund und stellt die Frage, um die sich auch ihr Romandebüt dreht: Ist Gott wirklich tot oder tut er nur so?
NOTIZEN EINER ÜBERFLÜSSIGEN
Leichenfeldbetrachtungen
Das Fleisch ist traurig, ach! und ich hab ausgelesen.
–STÉPHANE MALLARMÉ, „Meereswind“
Deutsch von Richard von Schaukal, 1947

2.3.2020
Gottlos – : Mein Los ist es nicht.
4.3.2020
Dem Lauf der Welt habe ich nichts entgegenzusetzen als mich selbst. Solange ich mich nicht unterkriegen lasse, werde ich auch ein Lauf sein. Irgendein Lauf, aber immerhin.
4.3.2020
Im Reich der eigenen Dämonen sollte man Ordnung halten und gelegentlich mit dem Chaos ein sondierendes Gespräch führen.
7.3.2020
Es geht auch ohne Gott – es geht sogar besser; das sagt schon mehr als genug.
9.3.2020
Es gibt Touristinnen des Lebens, und ich bin eine von ihnen. Seit meinem ersten Umzug bin. ich im Grunde „enthaust“ wie es der Bildungsbürger nennt. Ich dagegen lebe als Touristin, die auf parapathetische Weise das Dasein zu erkunden versucht. Mein einziger Antrieb ist meine Vorstellungskraft.
Das alte französische Wörterbücher Littré von 1863 definiert Touristen als jene, die zur Neugierde und zum Müssiggang reisen („par curiosité et par désœuvrement“) (zit. in Boyer, 2000, 9). In zeitgenössischen Arbeiten zur Tourismuskultur ist von tourism imagineries die Rede[1], was die Brücke zur Arbeit der Phantasie des Schriftstellers schlägt. Ein tourism imaginary sei „äußerst umfänglich und umklammere unter anderem Konzeptualisierungen von Erforschungen, Pilgerschaften, Urlaube, Abenteuer, Beziehungen zu Raum, Nomadentum, Umherstreifen und Entdecken“[2]. Salazar (2012, 866) merkt an: „Es ist schwer, an einen Tourismus ohne Phantasie zu denken – das ursprüngliche griechische Wort für Fantasie, das heutzutage oft verwendet wird, um spielerischere Imaginationen zu bezeichnen, die sich auf Dinge beziehen, die unwahrscheinlich oder unmöglich sind[3]“. Doch wozu soll ich reisen, ich drifte mehr oder weniger durch diese befremdende Welt.
[1] NOEL B. SALAZAR AND NELSON H. H. GRABURN (eds). Tourism Imaginaries. New York and Oxford: Berghahn Books. 2014. 304 p. ISBN 978-1-78238-367-3 (hardback), 978-1-78238-368-0 (eBook).
[2] Zitiert aus Bertram Gordon, Tourismus und erotische Imaginationen des besetzten Paris, 2017
[3] ebenda
14.3.2020
Wenn der Papst ins Mittelmeer spuckt, wird es davon nicht heilig.
18.3.2020
In Bergamo, nicht weit vor hier, krepieren sie wie die Fliegen. Ältere Menschen, heißt es, kranke Muttchen und Zimmerelefanten … Corona – die neue Pest, so tun sie jedenfalls in den Medien. Ist das wahr? Da ist das Leben auf jeden Fall zu kurz um sich Bad Moms 2 oder Starwars Nummer Soundsoviel anzusehen. Diese Verschwendung der Lebenszeit fällt jetzt unangenehm auf. Es klingelt: Hauke. Dass er mich nach zehn Jahren eines parallelen Existierens besucht ist rührend, irgendwann geht er wieder, – grässlich gelichteter Hinterkopf –, ich bin endlich wieder allein.

20.3.2020
Das Schicksal der Liebe : Zu Leben zu werden. Was immer da einmal war, es hat dich verlassen.
22.3.2020
La Stampa, die grösste Tageszeitung der Lombardei, berichtet in der Region habe es in den letzten zwei Monaten fünfmal mehr tote Zivilisten gegeben als während Zweiten Weltkrieges in Mailand. Wenn das stimmt, würde es wohl bedeuten, dass die Italiener nur „Zaungäste“ waren. Die Italiener, die ich kenne, würden das aber bestreiten.
26.3.2020
Ist es nur Einbildung oder riecht eine gebrauchte Maske am Abend leicht säuerlich? Ich muss andauernd an den Mundgeruch einer Freundin denken.
Das ganze Dasein basiert auf der Tatsache, dass wir Nahrung oxidieren. Mir wären die stillen Riten der Photosynthese viel lieber. Wären die Menschen wirklich ästhetisch veranlagt, sie hätten sich hier längst etwas einfallen lassen. Eine Möglichkeit wären chlorophyllhaltige Implantate. Die gesamte Nahrungsaufnahme würde auf ein paar Liter Wasser und auf ein tägliches Sonnenbad hinauslaufen.
2.4.2020
Seelenverwandte erkennen sich an ihren Leidenschaften, den Stimmungs- und Klangbildern, die sie brauchen um in eine gemeinsame Schwingung zu kommen. Ein Gedankenaustausch ist dagegen wie das Empfangen von Morsezeichen in einer Seenotstelle: Hier ertrinkt einer und dort hört einer zu. Denken hilft definitiv nicht.
4.4.2020
Im Geschlecht sei „die Seele berührbar“ schrieb der Lyriker Arnfried Astel.
Ich weiss nicht ob er recht hat, aber es fühlt sich so an. Wenn Seele also gleichzusetzen ist mit „bioelektrischem Erregungspotential“, dann sollte man den „neuralen Kurzschluss“ des Orgasmus getrost mit Nirwana, oder Gott gleichsetzen dürfen. Der kleine Tod vor dem grossen, die Rückkehr ins Nichts für ein paar Sekunden. Post-koital sammelt sich der Geist wieder den profanen Regionen des Hirns bis in die Hormone wieder nach unten treiben.
Was bin ich es leid.
6.4.2020
Nur das Kind ist wirklich frei. Mit der Geschlechtsreife errichtet die Natur einen Zwinger, in dem der reife, das heisst der sich dem Geschlecht unterwerfende Mensch von nun sein Leben verbringt.

7.4.2020
Diese geisterhaft Stille zwischen Locarno und Lugana, – man könnte glauben, dass die Realität nur dann erzeugt wird, wenn man sie braucht. Der Gedanke ist mir noch nie beim Zugfahren gekommen; hätte man beispielsweise einen Halt auf freier Strecke und müsste zu Fuß weiter, dann wäre da hinter der nächsten Kurve erst mal nichts, nur ein weisses Nichts, weil man vergessen hat, sich rechtzeitig etwas vorzustellen.
10.4.2020
Angesichts einer rosarot marmorierten, indischen Kannenpflanze doch ein gewisses Entsetzen empfunden: Die Ähnlichkeit mit einer Vulva – ach, du liebes büssschen!. In alten Botanikbüchern werden diese Verdauungsapparate ( merke, sowohl Sarracenia als auch Nepenthes sind fleischfressende Arten) noch „Luxusinstrumente“ genannt, wahrscheinlich weil es sich um vollendete Tierfallen handelt.

Angefangen von einem Drüsensaft, dessen Fäulnisgeruch Insekten anlockt, bis hin zu dem wachsüberzogenen Kragen, der auf den Eindringling wie eine Gleitzone wirkt, ergeben sich bei der Betrachtung unzählige Assoziationen, die für Frauen nicht unbedingt schmeichelhaft sind. Allen organischen Höhlungen haftet wohl etwas Unheimliches an, vielleicht weil wir selbst in einer Fruchtblase – in den Eingeweiden eines Tieres – entstanden, fällt uns angesichts des allzu Offensichtlichen unser Unterbewusstsein aus dem Hinterhalt an.
11.4.2022
Hat man einmal gesehen, wo die Milch herkommt, schmeckt sie nur halb so gut.
13.4.2020
Auf dem Weg zur Erleuchtung buddhistischer Mönche lag im 11. Jahrhundert die so genannte Leichenfeldbetrachtung. Von dem Adepten wurde verlangt dem Zersetzungsprozess eines menschlichen Körpers über mehrere Tage, ja, Wochen beizuwohnen. Dabei sollte am Ende dieser Ekel-Meditation die Erkenntnis stehen: Auch mein Körper ist so beschaffen, wird das werden, kann dem nicht entgehen. Das Taghata ( es bedeutet in etwa „Entstehen und Vergehen aller menschlichen Existenz“ ) führt hier äußerst grafisch vor Augen, was körperliche Verhaftung bedeutet.
Heute geht es auch weniger drastisch: Der moderne Meister empfiehlt seinen Schülern zu einem Metzger zu gehen und „sich vorzustellen, da lägen Menschenteile zum Verkauf ausgestellt“. Damit wäre ein Anfang gemacht. Weniger zart besaiteten Seelen rät zum Besuch eines Schlachthofs und der Verarbeitung von Schlachtvieh „aus nächster Nähe“ beizuwohnen. Wem das die Augen noch immer öffnet, dem würde er raten, einem Universitäts-Pathologen bei der Obduktion zuzusehen.
So morbide uns dieser Anschauungsunterricht auch erscheinen muss, er hält dem Vergleich mit der alten Leichenfeldbetrachtung nicht stand, wo verwesende Körper unter unhygienischen Bedingungen und sommerlichen Temperaturen abtransportiert wurden. Schon der Geruch jener fauligen Prozesse, die den Leichnam auflösen, dürfte den einen oder anderen Mönch vom Pfad der Erleuchtung abgebracht haben. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass die Leichen des nachts von Aasfresser heimgesucht wurden, ein dort verweilender Mönch hatte wahrscheinlich im Morgengrauen eine äussert klare Vorstellung von der Natur, in die der Mensch noch immer eingebunden ist. Ähnliches kann man heute nur noch bei der Teilnahme an einer tibetanischen Himmelsbestattung im Tal des Buddhas erleben. Es versteht sich von selbst, dass man eine geradezu stoische Gemütsverfassung braucht, um dergleichen zu durchstehen. Die Schneeflöckchen-Generation sollte es erst einmal mit einer in die Sonne gelegten Ölsardine versuchen. Ein „Erwachen“ ist ohnehin nicht garantiert, sonst wären ja alle Pathologen, Soldaten und Bestatter überdurchschnittlich erleuchtet.

16.4.2020
Alles auf der Welt ist enttäuschend. Das soll wohl so sein.
17.4.2020
Nicht Scherben, Sterben bringen Glück. Es ist grammatikalisch falsch und trotzdem weiss jeder wie es gemeint ist.
19.4.2020
Meine Literatur macht ihre kleinen Fortschritte von Begräbnis zu Begräbnis.
20.6.2020
Das rechtzeitige Setzen von Prioritäten dürfte über den Erfolg eines Lebens entscheiden. Das System fördert dagegen die Ablenkung. Es soll Schweizer geben, die sich dreissig, vierzig Jahre mit dem Sammeln von Kaffeerahm-Deckeln oder Brettspielen die Zeit vertreiben. Ich glaube, ich habe zweimal in meinem Leben Mensch-Ärgere-Dich-nicht gespielt, und ich weiss bereits, diese Zeit wird mir eines Tages bitterlich fehlen.
23.4.2020
Dekadenz ist nicht per se negativ: Sie riecht vielleicht etwas süßlich, weil sie mit den ausgestopften Leichen vergangener Epochen „verkehrt“. Dieser Mangel an Vitalität bedeutet nicht zuletzt auch einen Zuwachs an Sensibilität. Sie tritt bescheidener und vornehmer auf als der Fortschritt, der sich mal in der Rolle des Pop-Revolutzers gefällt.
26.4.2020
Nebo B., einen „Naturheiler“ gesprochen, der sein Leben lang praktiziert hat. Aufschlussreiches Gespräch. Seiner Theorie nach sind Viren nicht etwas von Natur aus Feindliches, sondern aus dem Menschen hervorgegangen. Dafür spräche die Tatsache, dass die meisten Viren mit „Enzymen reagieren, die bereits in der menschlichen Zelle vorhanden“ sind. Biochemische Verwandtschaft, nennt er das. Das virale Genom könnte aus dem Menschen hervorgegangen sein. Dass sie in uns eindringen können, hänge seiner Meinung nach mit „Fehlanpassungen des Verdauungssystems, der „Darmschranke“ (vielleicht habe ich das falsch verstanden) und des Immunsystems zusammen, Defekte, die durch langjährige falsche Ernährung verursacht wurden. Unter diesem Aspekt wäre auch COVID-19 nur Katalysator einer „intrazellulären Immunologie“. Seiner Ansicht nach werde der symbiotische Prozesse durch fremde, aus der Nahrung stammende Moleküle zum „Entgleisen“ gebracht. Für diese These spräche, dass viele der Opfer eben nicht nur alt, sondern auch fettleibig waren. Er empfehle seinen Corona-Patienten „paläolithische Ernährung“, also Rohkost aus biologischem Anbau. Er schenkte mir zum Abschied eine Karotte, die ich zu Hause mit Desinfektionsgel einrieb, abspülte und mit Ingrimm verzerrte.

1.5.2020
Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, aha. Wäre die Haut nun aus Glas und könnten wir täglich in unser Inneres sehen, – wie viele von uns würden bereits in jungen Jahren wahnsinnig werden? Hätte man anstelle von Augen mikroskopische Tubulare im Kopf, könnte man beispielsweise sehen, was sich im Massstab 1: 10 000 auf der Hautoberfläche abspielt, in den Poren, Falten, unter den Zehennägeln, am Rande eines Zahns – man würde freudig das Zeitliche segnen.
2.5.2020
Mir war der Mikrokosmos immer bewusst. Die vorläufige Schliessung der Welt, das „Herunterfahren“ der Geschäftigkeit – all das verdanken wir Mikroben, die man mit blossem Auge nicht sieht. Tatsächlich erfahre ich die Corona-Massnahmen als wohltuend. Und was könnte die himmlische Ruhe besser erklären, als die Abwesenheit des Stressfaktors Mensch? Die Jagd aufeinander, das übliche Treiben und Rattenrennen, der Überlebenskampf muss pausieren. Selbst die Steuerbehörden verzichten in Zeiten von COVID-19 auf das „Betreiben“ von Schuldnern. Der Lockdown liefert ein Röntgenbild der sozialdarwinistisch organisierten Gesellschaft. Der Umsatz, das Spiel mit Waren und Profiten, bleibt natürlich weiterhin die Nabe der Welt. Die spürbare Angst der Regierungschefs hängt zweifellos mit dem Druck zusammen, der in den Hinterzimmern auf sie ausgeübt wird. Wie empört müssen diese Herrschaften sein, wo sie dieses Jahr vielleicht nur mit zehn, statt mit hundert Millionen über die Runden kommen müssen. Der US-Polterpräsident hatte es doch klar und deutlich gesagt: Die Medizin darf nicht teurer sein als die Krankheit. Hier sieht man das anders: Jenseits der Grenze, in Italien, wird laut darüber nachgedacht, die Arbeitsbatterien mit Gesichtsmasken auszustatten und zurück ins Joch zu treiben; wie schwer es ist, den ganzen Tag durch eine Maske zu arbeiten, ist offenbar völlig irrelevant.
9.5.2020
Die Antichristin ist in Wirklichkeit eine von der Kirche enttäuschte wahre Gläubige, die es nicht erträgt, wie der Tempel Gottes entweiht wurde. Sie ist ihrem Wesen nach religiöser als 1000 Ministrantenvernascher, für die der Gottesdienst nur ein Vorwand ist, sich nach jungen Männern umzusehen.
10.5.2020
Das Tragen von Kreuzen sollte man Zimmermännern aus Nazareth überlassen – : Die wissen genau wie es geht.
13.5.2020
Die Hexenverfolgung war der Kampf der Obrigkeit gegen die Intuition des Menschen, seiner Verbindung zu den schöpferischen Kräften und dem Chaos. Heute wird sie mit weniger brachialen, aber ebenso wirkungsvollen Mitteln unterdrückt. Anstelle der Inquisition ist das Tribunal der Medien getreten.

Nur unsere Intuition entzieht sich dem Einfluss der Medien auf unser Leben. Macht die Glotze aus, meidet die Zeitungen, Magazine, Blogs. Das einzige was zählt, ist eure innere Stimme. Sie ist der Draht zu „Gott“ – wenn man die gestaltende Schöpfungskraft so nennen mag. Alles andere ist Manipulation und hindert das Bewusstsein an seiner Entwicklung.
19.5.2020
Wer sich selbst verändert, verändert nur sich selbst, nicht die Welt.
20.5.2020
Dieses dauernde Moralisieren und dann das Beschuldigen der „Impf-Skeptiker“ –: Welchem Wertekanon wird hier gefolgt, wenn man Ungeimpfte zu Virenträgern erklärt? Wenn wir ehrlich sind, wissen wir nichts über dieses Virus.
Die Schuld liegt in uns, wenn wir Schuld an anderen finden.
23.5.2020
Mein Interesse an Strassenkünstlern war schon vor der Coronakrise gering, vielleicht weil mir einfach die Begeisterungsfähigkeit für erwachsene Männer fehlt, die auf Mini-Rädern im Kreis fahren und Applaus von einem sentimentalen Publikum ernten. Doch jetzt erinnere ich mich: Vor einem Jahr schlenderte ich am frühen Abend des 23. Mai mit gemischten Gefühlen die Piazza G. Motta in Ascona entlang und infolgedessen an lauter kleinen Bühnen vorbei, die vom Montagebau und Blutgerüsten inspiriert schienen. Ein adrettes Rotes Kreuz-Zelt schien einen Schlusspunkt zu setzen. Ansonsten Feuerspucker, böse Clowns, die auf lieb machten, Equilibristen, Puppenspieler, schrullige Musiker, selbst Break Dancer sorgten für eine Freakshow auf engstem Raum; es schienen zeitweise mehr „kranke Tiere“ als Besucher zu sein… Ob es magische Momente gegeben hat? – Ich hatte den Eindruck der See, der bei Windstelle an einen verflüssigten Zinnteller erinnert, zog sich im Laufe der Darbietungen unmerklich zurück. Er trübte ein, verdunkelte sich, während die Berge noch ferner erschienen. Die Natur mag keine spaßigen Menschen.
Glücklicherweise hinderte mich die Gruppe Cobario, die vor der Bibliotheca aufspielte, die für mich typischen Schlüsse zu tun. Ich bemerkte noch wie viele Männer in Turnschuhen und primitiven, mit Werbeaufschriften bedruckten Leibchen unterwegs sind. Es gibt – glaube ich – keinen besseren Weg seinesgleichen den zivilen Respekt zu verweigern, als in einem mit Banalitäten bedruckten T-Shirts auf die Straße zu gehen. Nur deshalb trage ich T-Shirts und Jacken mit bescheuerten Aufschriften. Ich will die Leute damit ankotzen.
25.5.2020
Wir leben wirklich in einer besseren Welt: Heute wird zum Trommeltakt eines Sklavenschiffs nicht mehr gerudert, sondern getanzt.
4.6.2020
Über die Welt Bescheid wissen und sie eigentlich nicht so toll finden … Wer dann noch Kinder in die Welt setzt, hat vielleicht ein heimliches Verlangen, Menschen leiden zu sehen. Ich könnte das jedenfalls nicht.
10.6.2020
Die Weltgesundheitsorganisation WHO, die sich in der Coronakrise mehrfach zu Wort meldete, hat die „vorsätzliche Selbstbeschäftigung auf nicht näher bezeichnende Art und Weise“ als Krankheit eingestuft. Die „narzistische Persönlichkeitsstörung“ soll dagegen aus dem Krankheitsregister gestrichen werden, vielleicht um zu verhindern, dass die Generation Selfie eines Tages eine Sammelklage einreichen wird. Sind nur meine Spekulationen.
14.6.2020
Unser Denken, sowie unsere innersten Regungen lassen sich heute an biomechanischen Reaktionsabläufen, in Quantitäten von Ionen und Membran-Potentialen bestimmen. Wer das für Unsinn hält, der sollte einmal versuchen für 5 Minuten die Luft anzuhalten.
22.6.2020
Es heißt, in den Krankenhäusern sterben sie jetzt ohne ihre Familien, sie sterben ohne Worte und „ohne Luft zum Atem“; es ist ein einsamer Tod, aber er kann nicht so einsam sein wie manches Leben davor.
23.6.2020
Ich brauche keinen besonderen Anlass, um über Tod und Krankheit zu sprechen. Jede Krankheit übt einen in der Kunst zu sterben und erfüllt somit einen natürlichen Zweck.
29.6.2020
Meine Krankenkasse behauptet, dass die letzten drei oder vier Lebensmonate im Leben der Versicherten ebenso teuer ausfallen werden wie die gesamte Lebenszeit davor. Woher zum Teufel wissen die das? – Natürlich, weil das Versichern schon immer luziferisch war, das hatte ich gerade vergessen.
Die Ansage ist auf jeden Fall etwas, dass man sich unbedingt einprägen sollte. Man kann sich natürlich auch sagen, wenn es am schönsten ist, soll man gehen. Man darf allerdings kein Feigling sein, Iris von Roten knüpfte sich auf und der Punkrocker Hermann Brood sprang vom Dach eines Hotels. Nerven, sag ich da, NERVEN.
1.7.2020
Wer heute keine Angst hat, ist wahrscheinlich nicht informiert. Wer informiert ist, und keine Angst hat, ist wahrscheinlich nicht allzu helle. Ganz klar, die Todeszahlen aus Norditalien geben Anlass zur Sorge. Ich kenne eine italienische Malerin, die in Bergamo lebt. Habe heute morgen mit ihr telefoniert, sie wirkte ziemlich bedrückt. Die regionalen Bestatter kämen kaum noch nach, es fehle vielen an Raum, notgedrungen stapele man die bare[1] entlang den Straßen. Der Ort sei noch immer völlig isoliert, an jeder Ecke gäbe es Polizeikontrollen, man wisse nicht, was dahinter steckt. Ich frage mich allmählich, ob es das lang erwartete Virus sein könnte, das uns – als Spezies – aus dem Verkehr ziehen könnte?
2.7.2020
Früher kannte ich so eine dumpf unter dem Brustbein brütende Angst nur aus Träumen: – Man gerät in das falsche Riesengebäude, hat den Termin seiner Prüfung vergessen und nach stundenlangem Grübeln dämmert es einem, was einem gerade im Traum widerfährt, ist der erste Anflug eines nie wieder gut zumachenden Fehlers … – So geht es mir, wenn ich heute das Wort Corona lese. Bin ich deshalb vielleicht, eine Paranoide, die in der Lage ist, die Welt so zu sehen wie sie ist?
Wir wissen, dass nur unsere Intuition Berechtigung hat, und dass all jene, die uns reaktionäre Absichten unterstellen, in Wahrheit einer mörderischen Fahrlässigkeit das Wort reden. Ich vertraue stattdessen meiner inneren Stimme, und die rät mir zur Vorsicht. Alles andere wäre tatsächlich nur Selbsttäuschung und Schönrednerei.
[1] Ital. Särge
8.7.2020
Den besten Staat erkennt man daran, dass er nicht stört und akzeptiert, dass es für uns Schweizer zwischen Familie und Gerechtigkeit keinen Unterschied gibt.
9.7.2020
Seid nett zu euren Geschwistern, wenn sie euch überhaupt lassen. Niemand kennt euch besser und wenn es euch eines Tages schlecht gehen sollte, dürften sie die ersten sein, die sich um euch kümmern.
10.7.2020
Und ja, macht euch ab und zu mal selbst eine kleine, spontane Überraschung. Lasst es einfach passieren. Okay, es müssen nicht immer Schuhe sein. Aber die hier gab es für 69,00 Franken bei Dosenbach! Wer könnte da widerstehen?

1.8.2020
Ich lebe jetzt schon Monate in der eidgenössischen „Präventiv-Gesellschaft“ als Vorstufe zu einer „kybernetisch gesteuerten Krankengesellschaft“. Darunter würde ich eine Gesellschaft verstehen, in der die Seuche zuletzt alle verbindet Jeder Erkrankte für sich betrachtet ist ein Minus. Kommt noch ein Minus hinzu, wird das Ergebnis als positiv angesehen. Ein gutes Gefühl ist ein Plus, ganz gleich wie „minus“ man in Wirklichkeit ist.
4.8.2020
Je länger die Corona-Massnahmen anhalten, umso mehr habe ich das Gefühl ein fragmentiertes Leben zu führen. Die Maske, die ich zum Einkaufen brauche, erscheint mir inzwischen wie eine Prothese, vielleicht ist sie auch nur ein weiteres Fragmentierungssymptom, das ich an mir feststellen muss. Und Hand aufs Herz: Wer würde behaupten, er habe nicht gelernt mit gesellschaftlichen Prothesen zu hantieren? War die Moderne nicht immer schon Surrogat[1] für das Echte?
Selbst unsere innigsten Überzeugungen könnten sich bei näherer Betrachtung als kulturtechnische Fertigfragmente, entpuppen, Aggregate, die man sich selbst eingepflanzt hat, um gesellschaftlich getaktet zu bleiben. Schließlich will man ja nicht abgehängt werden.
Was ist Fragmentierung? Fragmentiert man eine Festplatte hilft das zwar den Arbeitsspeicher optimal zu nutzen, doch es macht den Rechner langsamer, weil der andauernd die verstreut gespeicherten Daten einsammeln muss. Ganz ähnlich erlebe ich meine Lebenssituation in Corona-Zeiten. Die Voraussetzung für ein Leben als autonomes Subjekt sind nicht mehr gegeben.
Abgesehen von den Geisterspielen am Schreibtisch, bin ich nur noch von den fragmentierten Vorstellungen meines früheren Lebens umstellt. Ich erinnere mich – an Freunde, an Ausflüge, Begegnungen… Manche Tagen bescheren mir eruptiv Erinnerungen an noch fernere Zeiten – Momentaufnahmen des Glücks, aus unserem Hinterhofsgarten, wo wir händchenhaltend unter einem „Goldregen[2]“ sassen.
Ob es wirklich so war? Mit Sicherheit kann ich das nicht mehr sagen, und so wie ich mich jetzt fühle, stelle ich mir den Anfang von Alzheimer vor. Es liegt vielleicht nicht nur an den Umständen, die sich aus der Corona-Krise ergeben, sondern auch daran, wie ich seit Jahren lebe. Ich bin eigentlich immer im Urlaub, ziehe von Ferienwohnung zu Ferienwohnung. Herkunft, Geschichte, Zukunftsperspektive – wenn, dann nur fragmentiert. Die Sphäre des Menschlichen und Zwischenmenschlichen, Kultur, Sprache – dito. Alles Fragmente.
Es ist mir unmöglich geworden, die Lücken selbst auszufüllen, dazu sind sie zu gross und zu zahlreich geworden, daher – : Keine Lösung, nirgends, es heisst jetzt für eine wie mich Querverweise zu suchen. Querverweise könnten in meiner haltlosen Situation die besseren Lösungen sein. Die Rolle der Schriftstellerin war in einer Massengesellschaft immer schon nur Anachronismus.
[1] Ersatz für einen Gegenstand oder Wert
[2] Laburnum anagyroides, beliebter Zierstrauch, der sich zu einem Baum auswachsen kann
11.10.2020
Vergleicht man das Christentum mit dem Islam, dann ist es wie wenn man eine Zigarette mit einer Wasserpfeife vergleicht: Das eine riecht, das andere stinkt, doch beide sind Manifestationen desselben toxischen Geistes. Abreißen, einebnen, vergessen. Dito.
17.10.2020
Vom Glauben abfallen wie Schorf von der Wunde. Ausheilen lassen.
19.10.2020
Aufklärung war gestern – weil alle Aufklärung auf Lösung (im Sinne von Auflösung eines Stoffs, also Verdünnung ) abzielt. Es geht jetzt um Abklärung, das bedeutet aus Niederschlägen und Präzipitaten, Bodensätze des Denkens zu formulieren.
3.11.2020

Literatur wächst oft genug auf paradoxem, sinnwidrigem Boden heran.
Die Grundidee zu «Kreuzschmerzen» kam mir auf einer Wanderung von Locarno über Ronchini nach Coglio. Der Weg führte dabei durch das Dorf Maggia, das zu jenem Zeitpunkt – Anfang November – eine einzige, von Nebeln belagerte Verlassenheit war. Niemand war unterwegs. Eine steile Natursteintreppe führte mich zur Capella Santa Maria della Pioda hinauf. Aus der Nähe erinnerte mich die Kapelle an eine restaurierte, aber schon wieder unter der Witterung leidende Ruine. Auch die Fresken im Inneren hatten bessere Zeiten gesehen. Bildschmuck dieser Art ist in der Regel das Werk beseelter Amateure, die Proportionen und Perspektiven stimmen nie ganz, man verkneift sich zu schmunzeln, weil das Dargestellte eine heilige Angelegenheit ist. In Erinnerung blieb mir das Abbild eines dreiköpfigen Jesus, dessen Blick mir ein wenig diabolisch erschien. Es sei angemerkt, dass man überall im Maggiatal auf ähnliche Bildstöcke, vergitterte „Beinhäuser“ und andere, eher abweisende Kleindenkmäler stösst. Die Bethäuser der grösseren Gemeinden sind dagegen zumeist prächtig in Schuss; in der Kirche von Gordevio – sie heißt, glaube ich, Santi Giocomo und Filippo – hatte ich kurz zuvor noch ein beeindruckendes, silbernes Altarkreuz bemerkt. Es war – wie gesagt – ein nasskalter Tag und der Regen hatte mich in diese Kirche getrieben. Während ich auf eine Wetterbesserung wartete, drängte sich mir die Geschichte von zwei Kirchenräubern buchstäblich auf… Als ich die Kirche zwei Stunden später verließ hatte ich den Anfang des Romans vollständig im Kopf.
Am Abend recherchierte ich bereits nach „Kirche + Einbruchdiebstahl + Schweiz“ und stieß auf viele Fälle wie Dornnach, Biehl, Luchsingen, Balsthal (bei Solothurn), Traselingen und viele mehr. In der Regel werden vor allem Opferstöcke[1] das Ziel, doch in Mogelsberg (Kanton St. Gallen ) hatten die Diebe auch Reliquien entwendet. Seit 2015 bleibt die Zahl der Einbrüche auf einem hohen Niveau[2]. Inzwischen kamen noch mehr dazu:
Nun handelt es sich bei diesen Meldungen um Unterfütterung meiner Fiktion und nicht umgekehrt. Man trägt sein inneres Material von Anfang an in sich und sucht dann ein Leben lang die passenden Eindrücke zusammen. Es kann im Unterbewusstsein zu Zwischenschichtungen kommen, die über lange Zeiträume hinweg fermentiert werden müssen, bis sie dem ähneln, was zur Drucklegung kommt. Ob ich das schaffe, steht auf einem anderen Blatt.
[1] Laut einer Statistik der Oberwalliser Kantonspolizei wurden zwischen 2010 und 2014 jährlich zwischen 19 und 33 Opferstöcke geplündert.
[2] Der Höchstwert wurde 2015 mit 2.642 Diebstählen und Einbrüchen verzeichnet. Quelle: kirche-und-leben.de
5.11.2020
Ein Recht auf Glück sieht der Plan der Schöpfung nicht vor, heißt es bei Freud, Doch genau das sieht mein Plan vor. Wenn man schon leben muß, dann nur für das Glück.
6.11.2020
Depressiver Tag, vielleicht liegt es am Wetter: Auf dieser von Macht und Geld überwölbten Erde bleibt die Liebe ein Ding der Unmöglichkeit. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben, um einen verheirateten Mann nicht zu belasten.
7.11.2020
Jemanden wirklich lieben, heißt mit ihm alt werden wollen. Was aber heißt gemeinsam alt werden? – Gemeinsam verblöden.
9.11.2020

In diesen sonderbaren Zeiten habe ich mir einen wöchentlichen Realitäts-Check verordnet, einen Tag, an dem ich Rechnungen bezahle oder mich mit anderen unangenehmen Dingen beschäftige. Die meisten sind nur unangenehm, weil mir einfach das Geld fehlt. UND: Wo ich mir früher Zitate notierte, schreibe ich heute praktische Haushaltstipps und Rezepte.
Wenn man sich das Poetische beim Schreiben versagt, sondern nur präzise notiert, was für ein Leben man führt, wie beliebig und zerbrechlich die eigene Existenz ist, – und dass einen die universelle Fadheit aus Körperhygiene, Stoffwechsel und medizinischer Vorsorge, überhaupt die anekdotische Evidenz seiner selbst nur noch anödet, dann bleibt wenig zu notieren, außerdem, was uns jeher schlaflose Nächte bereitet hat:
Rechnungen bezahlen
Rechnungen stellen (!)
Auto zum TÜV bringen
(Am Abend desselben Tages fragt man sich, warum man dieses
ewige Begleichen von Rechnungen noch länger mitmachen soll.)
Dieses ewige B /
Gleichen /
Von offenen Rechnungen /
Ist vorbei
(Ein konkretes Gedicht wird zur Grabinschrift.)
17.11.2020
Sex–: Es funktioniert nur, weil der Mensch die Blendung des Oberflächlichen sucht. Tatsächlich ist die Vagina keine „Harfe der Lust“, sondern der Eingang zu einer Bauchröhre, der Phallus hat nichts Göttliches an sich, sondern gleicht in seinem Aufbau der Legeröhre einer Schlupfwespe, die ihre Larven ins Fleisch einer Made einschleust. Die Tatsache, dass sich der Unterleib dann im Laufe von 9 Monaten ausbeult, dass dann eine Fruchtblase platzt, und als Resultat ein blutverschmiertes Bündel Mensch erscheint, sollte uns nachdenklich machen.
Vor allem: Warum sollte man sich deswegen mit einer anderen Person emotional einlassen?

18.11.2020
Der Denkfehler der Atheisten: Den Tod Gottes zu proklamieren; was nie war, kann nicht sterben.
19.11.2020
Es ist wahrscheinlich, dass sich die Form von Intelligenz, die die Ordnung des Universums hervorgebracht hat, unserer Erkenntnis für immer entzieht. Dazu reicht unser begriffliches Rüstzeug ebenso wenig aus, wie unsere Sinnesorgane. So wie es einem Bakterium für immer unmöglich sein wird, die menschliche Welt zu erkennen, so unmöglich ist es uns, Aussagen über den Ursprung unseres Daseins zu machen.
21.11.2020
Enttäuschte Alte: Im Unterschied zu vielen Leuten habe ich mich mit der großen Enttäuschung des Lebens längst arrangiert. Dass sie kommt, ist biologisch vorprogrammiert. Hat man die Lebensmitte erst einmal überschritten, wimmelt es plötzlich von g e s c h e i t e r t e n Existenzen: Ältere Frauen – einst von gutem Rat – halten einem ihre zerbrochenen Träume wie die Überreste antiker Vasen unter die Nase („Hieraus schlürfte Kleopatra die süße Lethe eines nichtsnutzigen Lebens.“). Männer im selben Alter präsentieren ihre Posen wie verstaubte Federkronen enthronter Häuptlinge oder in Formaldehyd eingeweckte Hoden („Glaub mir, ich hab sie alle gehabt, wirklich alle.“). In solchen Situationen tue ich mich schwer, höflichen Beifall zu zollen.
22.11.2020
Natürlich wurde ich auch schon vom Leben enttäuscht – doch wie enttäuscht man eine restlos Desillusionierte? Ich fing an zu schreiben, weil ich begriff, aus dir, mein Kind, kann nichts werden. Wenn man sein ganzes Dasein als Enttäuschung versteht, die eigene Vorprogrammierung des Scheiterns bereits im Anfang erkennt, dann bestätigt jede punktuelle Enttäuschung nur den Kurs, den man perpetuiert.
27.11.2020
Gott, der grosse Baumeister dieser Welt? – Wo, bitte? Ich sehe keinen anderen als den Menschen, genauer gesagt, den Menschen, der sein Leben als Forschungsreise versteht und sich nicht mit dem Schein der Dinge abfinden kann. Er/sie/ es untersucht und re-kombiniert. Verwirrt von seiner erwachenden Intelligenz übertrug der Steinzeitmensch seine eigene Schöpfungskraft auf Fetische, die er anbetete. Er lagerte, das, was in ihm göttlich war, aus. Es war sicherlich nicht nur Bescheidenheit, sondern Vorsicht und die Absicht sich der Verantwortung für seine kommenden Taten zu entziehen.
5.12.2020
Selbst wenn PC schon immer ein inoffizieller Benimm-Kodex war, mit all den neuen Kontaktsperren, der Maskenpflicht und anderen Verordnungen, die in ihrer Effizienz nicht nachweisbar sind, hat man plötzlich den Eindruck in einer neuen Schweizer Disziplinargesellschaft zu leben. In Deutschland ist es noch schlimmer: Trotz genannter Teil-Lockdowns (ein Täuschwort, um nicht zuzugeben, dass die Massnahmen im Dezember verschärft wurden) werden t steigende Todeszahlen gemeldet: Auch hier bezeichnend die Formulierung, Menschen, die „durch oder im Zusammenhang mit COVID-19 gestorben“ sind. Als „Lichtblick am Ende des Tunnels“ wurde gestern (4.12. 2020) das Milliardengeschäft von Pfizer und Biontec bezeichnet. Ich habe das zufällig in einer Gazette im Café gelesen, es wirkt alles befremdend auf mich.
6.12.2020
Das Christentum war schon immer die folkloristisch verbrämte Propagandalehre überstaatlicher Mächte – wie sie sich heute im Bouquet der Scheinheiligen ( NGOs, Lobbies und „menschenfreundlichste“ Interessengemeinschaften) manifestiert. Hier hat man schon immer in „einfacher Sprache“ zu gutgläubigen Menschen gesprochen und seinen Schmonzes bunt illustriert, wie der in Butzenglas verewigte Kitsch aus zwei Jahrtausenden hinlänglich beweist. Infolgedessen ist es klar, dass sich der Klerus heute offen mit der zur Zivilreligion ausgerufenen Ideologie arrangiert. Das steuerzahlende Stimmvieh gilt nur als Ausbeutungsmasse, was es zu wollen hat, bestimmen jene, die nie zur Wahl standen und doch alles bestimmen.
19.12.2020
Nimmt man die Kirche einmal genauer unter die Lupe, stellt man fest, dass es in der Schweiz – vor allem den Grossstädten – nur noch ein Taufschein-Christentum gibt, und dass nachfolgende Generationen selbst eine oberflächliche Zugehörigkeit ablehnen werden. Gott – als Vorstellung – ist ihnen so fern, so unnütz, so fremd, dass sie sich nicht einmal mehr als Atheisten oder Nihilisten bezeichnen, obwohl sie es ihrem sinnentleerten Weltbild nach sind. Sie existieren einfach, sind „da“, im Hier und Jetzt, leben ihr Leben, das sie in der Mehrzahl als einen Spassbehälter verstehen und mittels der erlaubten Instrumentarien (z. B. Snapchat und Instagram) füllen.
Sie haben tatsächlich keinen Gott neben sich.
20.12.2020
Sie ist religiös, sagst du? – Dann ist sie glücklich erblindet.
22.12.2020
Man muss kein Anhängerin des evolutionären Humanismus sein, um zu erkennen, dass alle Götter, die Geld von uns fordern, von Menschen fabriziert wurden. „Rabbis, Muftis und auch Pfaffen“ – so steht es auf Netzseite der Giordano-Bruno-Stiftung geschrieben –, „… sind wie wir nur nackte Affen.“
Sie begründen ihren sozialen Status und ihren aufwendigen Lebensunterhalt mit ihrem angeblichen Draht zu einer an Peinlichkeit kaum zu überbietenden Konstruktion, einem Phantasma, mit dem sie angeblich auf Du und Du stehen und das ihnen „alle Wünsche“ erfüllt. Nicht die Absurdität dieses Schwindels, sondern seine Dauerhaftigkeit, lassen ahnen wie es um die Intelligenz der menschlichen Rasse in Wirklichkeit steht.
27.12.2020
Für manches Handicap, das man an sich entdeckt, soll man dankbar sein: Nichts ist erfreulicher als die Unfähigkeit irgendeine Form von religiösem Wahnsinn nachempfinden zu können. Am bedrohlichsten erscheinen mir aber das Bestehen auf Wundern, und der Verzicht auf den Verstand.
29.12.2020
Wir sind von Monstren umgeben – von der Staubmilbe bis zum Haifisch, nichts als gefräßige Spielzeuge, die einander auf grausamste Weise auf die Pelle rücken. Die Vernichtung von Einzelwesen ist der Natur nicht nur einerlei, sie ist unabdingbar, denn sie liefert den Rohstoff, der den Motor der Evolution.
Alle Lebensformen, die von einem Stoffwechsel abhängig sind, verkörpern daher nur diesen einen Gedanken: Mord aus Gewinnsucht.
30.12.2020
Ein weiteres Jahr der folgenlosen Ereignisse geht zur Neige. Es bleibt meine Hoffnung, dass die Konfessionslosen eines Tages ihre Stimme erheben und ein Zeitalter der Abklärung Wirklichkeit wird. , Andererseits glaube ich nicht,, dass ich es noch miterleben werde wie sich der Mensch den Mehltau der Religion aus den Gehirnwindungen wäscht: Ich gehe dann mal schlafen.

HINWEIS: SIE LASEN GERADE UNVERÖFFENTLICHTES MATERIAL. DIE TEXTE SIND GOTTLOB NICHT IN LASSANDERS ROMAN „KREUZSCHMERZEN“ ENTHALTEN.
